Page 189 - Weiss, Jernej, ur. 2019. Vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju - The Role of National Opera Houses in the 20th and 21st Centuries. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 3
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das olmützer provinztheater und seine beziehung zu marburg und laibach

rücksichtigt haben, ob die neu engagierte Kraft auch auf Tsche-
chisch spielen kann. Olmütz soll seine regelmäßigen tschechischen
Spiele erhalten und dadurch auch Brünn beschämen. Man hat da
wirklich genügend Gründe, sich zu wundern, dass Brünn, resp. die
mährischen Landesabgeordneten selbst, nicht an die Schaffung der
erforderlichen tschechischen Schauspiele in der Hauptstadt von
Mähren denken. Brauchen vielleicht die Mährer kein Theater? Wir
sind davon überzeugt, dass diese Schauspiele, sobald sie nur gespie-
lt werden, ein großes Publikum finden werden.5

Unter Königs Leitung in Olmütz kamen und gingen zahlreiche Künst-
ler, die schon in der Zeit ihrer Gastauftritte berühmt waren oder später
Stars des Provisorischen Theaters, resp. des Nationaltheaters, wurden: Di-
rigent Adolf Čech, Terezie Ledererová, František Ferdinand Šamberk, der
in Olmütz die Opernsängerin Julie Knornová heiratete, Ludevít Lukes, Ele-
onora von Ehrenberg oder Betty Hanušová. Nach Königs Wegzug aus der
Stadt war es nicht mehr möglich, ein derart tolerantes Nebeneinander auf-
recht zu erhalten.6

Als im Jahre 1862 eine Ausschreibung für das Anmieten des Theaters
stattfand, war unter den Bewerbern auch der zukünftige Theaterdirektor

5 Jan Neruda, „Feuilleton“, Národní listy, 16. 7. 1865.
6 Diese Entwicklung dokumentieren die Schicksale tschechischer Theatergesellschaf-

ten. Antonín Štandera, der Sohn von Anna Štanderová, erhielt für das Jahr 1868
eine Genehmigung für Sonntagsvorstellungen in dem städtischen Theater. Die Ge-
sellschaft von Václav Svoboda durfte im Jahre 1870 sonntags und mit Erfolg auch
an Werktagen spielen. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum Svobodas
Ersuchen im Jahre 1871 abgelehnt wurde. In den Jahren 1873–1875 wurde auch eine
der berühmtesten tschechischen Wanderbühnen, die von Eliška Zöllnerová geführt
wurde, abgewiesen (als Vorwand diente dem Rathaus die schon geplanten Repara-
turen des Theaters). Letztendlich begann man im Jahre 1876 in der Volksakademie
(Občanská beseda) zu spielen. „Erst auf Grund einer Intervention des Abgeordne-
ten Dr. Fanderlík erteilte der Bürgermeister Dr. Engel seine Zustimmung.“ Mit der
Gesellschaft von E. Zöllnerová kamen auch berühmte Künstler aus dem Prager Pro-
visorischen Theater nach Olmütz. Im Jahre 1877 waren es Otýlie Sklenářová-Malá
oder František Kolár. Stanislav Langer führte im Jahr 1876 die Verkaufte Braut mit
Vilém Heš auf, Jindřich Mošna sollte in Einaktern auftreten (Stanislav Langer, Struč-
ná historie divadla v Olomouci (Praha: Divadelní ústav v Praze, 1961) III/10, 3) und
die Operetten von F. von Suppé und J. Offenbach wurden belegt. Auf diese Art und
Weise trat das tschechische Theaterwesen, wie es in Olmütz auch im Bereich des
Schauspiels der Fall war, „in einen offenen Wettbewerb mit dem hiesigen Stadtthea-
ter“ (Jiří Štefanides, „České divadlo“, in Dějiny Olomouce II, Jana Burešová, Jindřich
Schulz, eds. (Olomouc: Univerzita Palackého v Olomouci 2009), 91.

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