Page 26 - Weiss, Jernej, ur. 2019. Vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju - The Role of National Opera Houses in the 20th and 21st Centuries. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 3
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vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju

Bei der Behandlung der Frage nach dem Stellenwert der neuen Mu-
sik auf den Bühnen sind zunächst zwei Vorurteile kritisch zu betrachten.
Das erste betrifft den wichtigen Zusammenhang von Institutionengeschich-
te und ökonomisch gesellschaftlichem Strukturwandel. Nicht nur war die
Oper bis zum Ende des Ersten Weltkriegs wichtigste europäische Theater-
gattung,23 sondern im Musikleben zeigt sich auch heute die immense ökono-
mische Bedeutung des Musiktheaters: In Deutschland betrug 2001der An-
teil Ausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden der Sparte Musiktheater
56,4%. (vgl. Jacobshagen, „Musikgeschichte als Institutionengeschichte“, 147)
Im Besonderen Musiktheaterbetriebe stehen aufgrund des großen finanzi-
ellen Bedarfs im Spannungsfeld von Ökonomie und Politik.24 Es entsteht,
wie Clemens Hoegl darlegte, ein ökonomisches Dilemma, das als „Zielkon-
flikt“ beschrieben werden kann: will man einerseits möglichst viele qualita-
tiv hochwertige Aufführungen bieten, ist andererseits gefordert, nachhaltig
wirtschaftlich zu produzieren.25 Bereits die historische Sicht macht klar, dass
Oper eine Kunstform für die Elite ist. Daraus resultiert der Vorwurf, Kom-
merzialisierung führe zur „Senkung ästhetischer Standards“. Hierzu ist mit
Michael Walter anzumerken, dass Kritik am Kommerz zumeist auch Kritik
am zahlenden Publikum ist. Publikumserwartungen und Moden wurden
von Librettisten allerdings sehr wohl berücksichtigt, wenn nicht, blieb das
Publikum aus. (vgl. Walter, Oper, 369-370)

Das zweite Vorurteil liegt darin, dass Oper und neue Musik auf den
ersten Blick als von unterschiedlichen Institutionen getragen erscheinen.
Am Beispiel Darmstadt wird allerdings klar,26 dass sich gerade aus insti-

kunft (Salzburg: Residenz, 2012), 107–109. Büning verweist auf die deutschen Musik-
feste, 1810 von Louis Spohr mit einer Aufführung von Haydns Schöpfung begründet,
deren Nationalcharakter und damit aktuelle politische Bedeutung ihre Erfolgsfak-
toren waren. Diese prägten auch den Höhepunkt um 1848 und die Popularität der
Musik Beethovens, die „offenbar den Nerv der Zeit“ traf.
23 Vgl. Michael Walter, Oper. Geschichte einer Institution (Stuttgart: Metzler, 2016),
VIII.
24 Vgl. Matthias Rädel, „Markt, Sponsoring, Subvention: die Schnittstelle von Ökono-
mie und Politik“, in: Arnold Jacobshagen und Frieder Reininghaus, ed., Musik und
Kulturbetrieb (Handbuch der Musik im 20. Jahrhundert 10) (Laaber: Laaber 2006),
160–166.
25 Cf. Clemens Hoegl, „Das ökonomische Dilemma: Musik um welchen Preis?“, in: Ar-
nold Jacobshagen und Frieder Reininghaus, ed., Musik und Kulturbetrieb (Hand-
buch der Musik im 20. Jahrhundert 10) (Laaber: Laaber 2006), 173.
26 Gianmario Borio und Hermann Danuser, ed., Im Zenit der Moderne. Die internatio-
nalen Ferienkurse für Neue Musik Darmstadt 1946-1966 (Freiburg im Breisgau: Rom-
bach 1997).

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