Page 30 - Weiss, Jernej, ur. 2019. Vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju - The Role of National Opera Houses in the 20th and 21st Centuries. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 3
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vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju

Im online verfügbaren Opernarchiv fällt neben dem Barockschwer-
punkt eine deutliche Tendenz zur Repertoireerweiterung auf. Hier sind u.a.
zu nennen:
Wiener Festwochen 2017: Mondparsifalll (Bernhard Lang, Jo-

nathan Meese nach Wagners Parsifal), 2017: Elegie für junge Lie-
bende, Peer Gynt (Egk, 1938), UA Hamlet (Anno Schreiber), 2016:
El Juez (Christian Kolonovits, 2014), Die Dreigroschenoper, Peter
Grimes, 2015: La Mère coupable (Milhaud), 2014: American Lulu
(Neuwirth), Lazarus (Schubert/Ives), 2013: The Rake’s progress.
In der konzertanten Version war 2013 u.a. Der Kaiser von Atlantis oder
Die Todesverweigerung zu hören (Viktor Ullmann), Menotti (The Tele-
phone, Opera buffa 1947), La voix humaine (Poulenc/Cocteau, 1959). 2012
war Mathis der Maler programmiert.
Ein kurzer Seitenblick sei auf das Kosmos-Theater geworfen. Es ist
programmatisch eindeutig auf künstlerische Aktivitäten von Frauen ausge-
richtet, wie die diesbezüglich nicht unkritische Eröffnungsrede von Elfrie-
de Jelinek zeigt.34 In der Musik wird betreffend die Präsenz bzw. Nicht-Prä-

34 Jelinek moniert, dass es skandalös ist, dass es überhaupt notwendig sei, Frauenräu-
me zu organisieren: „Ich frage mich, wie es möglich ist, daß Personen immer noch
für ihre Anliegen auf die Straße gehen müssen, demonstrieren müssen, Druck ma-
chen müssen, nur aufgrund ihres Seins, aufgrund der biologischen Tatsache, daß sie
Frauen sind. Es flößt mir ein gewisses Entsetzen ein, daß wir für etwas vorbestimmt
sein sollen, das uns zu Zurückgesetzten macht, die um alles und jedes kämpfen sol-
len, und das gerade in Zeiten, in denen die Not eigentlich darin besteht, daß keine
besteht, wie die Philosophen sagen würden. Aber wieso sind gerade so viele Frauen
von dieser Not betroffen, die es doch angeblich gar nicht gibt oder nicht geben sollte?
Weil sie sind, was sie sind und wofür sie nichts können? Es scheint aber auch nicht zu
genügen, daß man an sich Frau ist, und auch nicht, daß man sie für etwas ist, einen
Mann, ein Kind, einen Pflegebefohlenen, die Gesellschaft. Man muß immer noch
etwas darüber hinaus drauf häufen, um da sein, sich artikulieren, auf seine Rechte
pochen zu dürfen. Es ist, als ob man sich selbst für sich erkämpfen müßte, um über-
haupt sein zu dürfen, was man schon ist. Man darf ja offenbar nicht einmal in die
eigene Haut hineinschlüpfen, auch darum soll man schon kämpfen müssen. Daß
man ein Für Sich sein darf und nicht einfach nur an und für sich einfach existieren.
Denn daß Frauen ein Für Anderes sein müssen, ist sowieso klar. Jetzt kämpfen sie
also darum, daß sie etwas sagen dürfen, um den berühmten Raum für sie selbst, für
sich allein. Schon Virginia Woolf hat dafür gekämpft, um einen sehr kleinen wenig-
stens, in dem die Frau etwas würde aufschreiben können. Tisch, Sessel, Lampe, mehr
braucht man dazu ja nicht. Jetzt haben sie also ihren Raum, die Frauen, in dem sie
reden oder schweigen dürfen oder was auch immer, es soll ihnen ja überlassen sein,
was sie damit machen, aber damit, daß ihnen dieser Raum gegeben ist, kann es ja
nicht getan sein. Aber die Sache scheint damit bereits abgetan zu sein. Man braucht
Frauen ja nur einen Raum zu übergeben, sie werden ihn dann, das haben sie ja ge-
übt, schon besenrein machen, einrichten, herrichten, bis sie sich zugrundegerich-

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