Page 33 - Weiss, Jernej, ur. 2019. Vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju - The Role of National Opera Houses in the 20th and 21st Centuries. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 3
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neue musik auf österreichischen bühnen ...

Sprachraum und in Europa der Wunsch nach Erneuerung größer,40 wobei
sich die Avantgarde (Boulez, Stockhausen, Nono, Xenakis) zunächst gene-
rell von der Oper abwandte. 1961-1970 ändert sich die Situation. Die Oper
löste sich vom Konservatismus der Nachkriegszeit,41 sodass auch die Avant-
garde daran Interesse hatte. Durch die Einbindung der elektronischen Mu-
sik, politische Impulse oder szenische Neuerungen wie bei Bernd Alois
Zimmermann (Die Soldaten) nahm das Musiktheater ebenfalls Anteil an
Innovationen.42 Der Avantgarde-Gedanke, immer neuen dramatischen
Ausdruck finden zu müssen, führte laut Griffiths letztlich zur Desintegra-
tion der Gattung Oper. Dennoch wurden seit den 1970er Jahren Opern im-
mer wieder gern geschrieben, sogar wieder mehr als zuvor. Neben Henze
sind Penderecki (Paradise lost, Die schwarze Makse, Ubu Rex), Ligeti (Le
Grand Macabre), Berio (La vera storia, Un re in ascolto), Nono (Prometeo),
Stockhausen, Messiaen, Philipp Glass (Einstein on the Beach, Satyagraha),
John Adams (The Death of Klinghoffer, Nixon) zu nennen. Letztlich gibt es
kaum einen Komponisten (Ausnahme ist Boulez), der sich nicht der Oper
gewidmet hätte, resümiert Griffiths schließlich am Ende seines zur Gegen-
wart hin offenen Artikels.

2008 zeichnet Theo Hirsbrunner, den deutschsprachigen Raum fo-
kussierend, ein ähnliches Bild der aktuellen Opernlandschaft, das eben-
falls deren Lebendigkeit betont. Nach einer Zeit der Ablehnung und der
Krise um 1960, sei seit den 1970er Jahren wieder eine verstärkte Produkti-
on zu beobachten, wobei man, dem subjektiven Urteil folgend, wie es Hirs-
brunner getan hat, wirkungsvollere und schwierigere Werke unterscheiden
kann. Werke, die eine Skepsis gegenüber der Gattung zum Ausdruck brin-
gen, wie Berios Un Azione musicale re in ascolto (Salzburg 1984) oder Li-
getis Anti-Oper Le grand macabre (Stockholm 1978), stehen solchen der
jüngeren Generation gegenüber, die mit der Literaturoper keine Probleme
zu haben scheinen. Allen voran ist hier Aribert Reimann zu nennen, im
Besonderen Lear (München 1978): „Reimanns Kunst zeigt sich vor allem

40 Fortner (Die Bluthochzeit), Dallapiccola (Il prigioniero), Frank Martin (Der Sturm)
werden diesbezüglich genannt, während Henze laut Griffiths der Tradition verhaftet
blieb.

41 Vgl. u.a. Nono (Intolleranza, Al gran sole carico d‘amore).
42 Des Weiteren nennt Griffiths: Davies (Eight Songs for a Mad King), Birtwistle

(Down by the Greenwood Side), Penderecki (The Devils of Loudun), Alberto Gi-
nastera (Don Rodrigo), Samuel Barber (Antony and Cleopatra), Henze (Bassarids),
Maderna (Hyperion), Pousseur (Votre Faust), Ligeti (Nouvelles Aventures), Kagel
(Staatstheater), Berio (Opera), Tippett (The Midsummer Marriage), Nicholas Maw
(The Rising of the Moon), Stockhausen (Licht).

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