Page 80 - Weiss, Jernej, ur. 2019. Vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju - The Role of National Opera Houses in the 20th and 21st Centuries. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 3
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vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju

zur Errichtung einer Wiener Volksoper dreimal in jeder Woche zur Verfü-
gung zu stellen“.28

Am 25. April 1903 erfahren wir dann: „Das Project einer Volksoper im
Jubiläumstheater ist nun endgiltig gesichert. Es werden hundertfünfund-
zwanzig Vorstellungen in jeder Saison stattfinden, der Rest an Spielabenden
gehört dem bisherigen Repertoire.“ Und: „Es sollen [...], bis auf Montag und
Freitag, jeden Nachmittag Vorstellungen stattfinden! Das wäre eine Neu-
einrichtung, wie sie weder Wien noch irgend eine andere Theaterstadt zu
verzeichnen hat.“29 Die Frage wäre nur, ob Herr Müller=Guttenbrunn das
schaffe, da er schon jetzt am Abend kaum genug Publikum habe. Ein an-
deres Blatt weiß noch mehr: „Die Wahl zum Direktor der Volksoper soll
auf Herrn Rainer Simons gefallen sein, der in den Jahren 1894 bis 1899 das
Mainzer Stadttheater geleitet hat und in den letzten Jahren ein gastierender
Künstler war.“30 Und am 25. April wurde der Vertrag mit Simons tatsäch-
lich unterschrieben;31 Simons wurde auch sofort tätig und verpflichtete u. a.
Alexander Zemlinsky und Hans Pfitzner als Dirigenten.32 Um den Beginn
im Herbst 1903 für die zunächst projektierten vier Jahre zu sichern, legte er
Anteilscheine auf, die „bis spätestens Mitte Juni“33 die notwendigen Mittel
aufbringen sollten.

Am 1. Juni 1903 lesen wir dann erstmals, daß „Direktor Müller=Gut-
tenbrunn amtsmüde“ sein soll. Und weiter: „Es verlautet mit ziemlicher
Bestimmtheit, daß der Direktor der neuen Volksoper, Herr Simons, die
Stelle der Direktors Müller=Guttenbrunn übernehmen und so der allei-
nige Leiter des Theaters werden soll. [...] Da [...] Müller=Guttenbrunn ge-
gen finanzielle Schwierigkeiten zu kämpfen hat, machte ihm Herr Simons
das Angebot, die Finanzierung in die Hand zu nehmen, wenn Herr Mül-
ler=Guttenbrunn zurücktritt und ihm die alleinige Direktion über das
Stadttheater überläßt.“ Auch Bürgermeister Dr. Lueger sei einverstanden,
da Herr Simons ein Mensch sei, „der den arg verfahrenen Thespiskarren
wieder ins richtige Geleise bringt.“34

28 Neues Wiener Tagblatt Nr. 99, 10. April 1903, S. 8. Siehe auch Neue Freie Presse Nr.
13878, 16. April 1903, S. 8.

29 Neues Wiener Journal Nr. 3410, 25. April 1903, S. 9.
30 Neues Wiener Abendblatt Nr. 113, 25. April 1903, S. 5.
31 Neues Wiener Journal Nr. 3411, 26. April 1903, S. 11.
32 Der Humorist Nr. 14, 10. Mai 1903, S. 3.
33 Neues Wiener Tagblatt Nr. 142, 24. Mai 1903, S. 10.
34 Extrapost Nr. 1113 (!), 1. Juni 1903, S. 4.

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