Page 82 - Weiss, Jernej, ur. 2019. Vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju - The Role of National Opera Houses in the 20th and 21st Centuries. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 3
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vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju

Darsteller geschaffen wurde. Wir haben Ursache, heute an diesen
Umstand zu erinnern.43

Nach vielen Diskussionen zwischen Befürwortern und Gegnern der
Doppeldirektion44 entschied der Wiener Gemeinderat dann aber, „die Füh-
rung der Directionsgeschäfte im Kaiser Jubiläums=Stadttheater in den
nächsten Tagen in die Hände des Directors Rainer=Simon’s“ zu legen, der
Müller=Guttenbrunn seinerseits „ein jährliches Fixum und 50 Percent des
eventuellen Reingewinnes“ zahlen werde. Und er bekräftigte: „Ich will, daß
das von mir geleitete Theater allen Kreisen der Bevölkerung zu einer an-
genehmen Unterhaltungsstätte werde. Ich gehöre keiner politischen Partei
an und habe mich speciell niemals mit den österreichischen Verhältnissen
beschäftigt. Ich will mir diese glückliche Unbefangenheit auch fernerhin
wahren.“45

Rainer Simons entschloß sich dann, „um einen tüchtigen Chor heran-
zubilden, stimmbegabte Damen und Herren unentgeltlich für den Chor-
gesang ausbilden zu lassen“46 und dafür Professor Ferdinand Hellmesber-
ger zu engagieren, und sehr bald erfuhr dieser Theaterchor höchstes Lob.
Kritik gab es aber wieder von politischer Seite. Unter der Überschrift „Das
christliche Stadttheater – gewesen?“ erschien am 29. August in der „Reichs-
post“ eine böse Stimme:

Als im Jahre das Kaiserjubiläums=Theater mit dem ausdrück-
lichen Programme geschaffen wurde, der dramatischen Kunst
nichtjüdischer Art eine Heimstätte zu sein, da ging ein Gefühl der
Erlösung durch den christlichen Teil des Wiener Theaterpubli-
kums. Endlich einmal eine Bühne ohne Judenstücke und ohne jü-
dische Darsteller ! Klar und deutlich war der Direktion der Weg
in diesem Sinne vorgezeichnet [...]. Nun ist der erste Direktor des
neuen Theaters an seinen Fehlern gescheitert. Er wollte um jeden
Preis ein kunsthistorischer Theatermann sein, den Wienern ,Die
Teufelsmühle am Wienerberg‘, ,Der Viehhändler von Oberöster-
reich‘ und ,Dr. Fausts Hauskäppchen‘ wieder einreden, weil diese
Stücke vor 80 Jahren gefallen hatten und sie für ,Die unheilbrin-
gende Krone‘ Raimunds wieder interessieren, obwohl dieses Stück
vor 80 Jahren mit Ferdinand Raimund selbst nicht gefallen hat.

43 Reichspost Nr. 146, 1. Juli 1903, S. 11.
44 Hiezu siehe Neues Wiener Journal Nr. 3476, 2. Juli 1903, S. 9.
45 Illustriertes Wiener Extrablatt Nr. 181, 4. Juli 1903, S. 8.
46 Wiener Abendpost. Beilage zur Wiener Zeitung Nr. 186, 17. August 1903, S. 6.

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