Page 92 - Weiss, Jernej, ur./ed. 2023. Glasbena društva v dolgem 19. stoletju: med ljubiteljsko in profesionalno kulturo ▪︎ Music societies in the long 19th century: Between amateur and professional culture. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 6
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glasbena društva v dolgem 19. stoletju: med ljubiteljsko in profesionalno kulturo
Wir schlagen unsere eigene Systematisierung der kultur-aufkläreri-
schen und nationalen Funktionen von Musikgesellschaften im europäi-
schen Raum dieser Zeit vor. Mit ihrer Hilfe werden wir versuchen, die Mo-
tive für eine aktive Massenbeteiligung in Musikvereinen von Vertretern
verschiedener sozialer Gruppen, Herkunft, professioneller Tätigkeit in an-
deren Berufen, religiösen Konfessionen, Alter, Geschlecht usw. zu klären.
Zuerst ist die aufklärerische und moralisch-erzieherische Funktion zu
erwähnen, welche die Ideale der Epoche der Aufklärung fortsetzend, nicht
nur Lücken in der allgemeinen Musikausbildung füllte, sondern für die
Heranbildung perfekter Persönlichkeiten und Staatsbürger verantwortlich
sein sollte, um diese in die Elite der künftigen Gesellschaft einzubeziehen
und auf solche Weise die ausgebildete Mehrheit zu gestalten. Solche Ideale
sind im 19. Jh. mit der Musik als der nicht rein künstlerischen, sondern als
der gesellschaftlich konstituierenden Idee eng verbunden. Dies erklärt sehr
treffend Helmut Loos:
Daß die Musik durch Autonomie und Rationalität selbst höchsten
Rang erlangt (nicht Mittel, sondern Zweck), prädestiniert sie eben
so wie ganz praktische Bedingungen ihrer Aufführung als Prozeß
bzw. Zeremonie für eine Erhebung zu religiöser Bedeutung. Sie stieg
zu einer Kunstreligion.21
Von Anfang an hat sich der Galizische Musikverein zu einer Institu-
tion mit einer ausgeprägten aufklärerischen, erzieherischen und didakti-
schen Funktion erklärt. Diese Aufgaben wurden gleich zur Zeit der Grün-
dung des GMV in den Bestimmungen seiner ersten Satzung festgelegt. Der
Verein wurde mit dem Ziel gegründet, die Musikkunst in Galizien und sei-
ner Hauptstadt zu fördern und zu formen, die Musik zu pflegen und insbe-
sondere die Bildung des Musikgeschmacks in der Region zu fördern. Der
Verein erreichte dieses Ziel durch die ständige praktische Aufführung ei-
nes breiten Musikrepertoires - da die Mitglieder des GMV verpflichtet wa-
ren, ihre musikalischen Kenntnisse, Interesse und das Aufführungsniveau
durch die Teilnahme an Proben und Konzerten zu verbessern.
Als Bestätigung der oben genannten Überlegungen könnte man die
aufschlußreichen Worte des Rezensenten der Zeitschrift Leseblätter zitie-
ren, der in der ersten Periode der Tätigkeit die Leistungen des GMV in die-
ser Sphäre so beurteilte:
21 Helmut Loos, E-Musik – Kunstreligion der Moderne (Kassel, Bärenreiter Verlag,
2017), 12–3.
90
Wir schlagen unsere eigene Systematisierung der kultur-aufkläreri-
schen und nationalen Funktionen von Musikgesellschaften im europäi-
schen Raum dieser Zeit vor. Mit ihrer Hilfe werden wir versuchen, die Mo-
tive für eine aktive Massenbeteiligung in Musikvereinen von Vertretern
verschiedener sozialer Gruppen, Herkunft, professioneller Tätigkeit in an-
deren Berufen, religiösen Konfessionen, Alter, Geschlecht usw. zu klären.
Zuerst ist die aufklärerische und moralisch-erzieherische Funktion zu
erwähnen, welche die Ideale der Epoche der Aufklärung fortsetzend, nicht
nur Lücken in der allgemeinen Musikausbildung füllte, sondern für die
Heranbildung perfekter Persönlichkeiten und Staatsbürger verantwortlich
sein sollte, um diese in die Elite der künftigen Gesellschaft einzubeziehen
und auf solche Weise die ausgebildete Mehrheit zu gestalten. Solche Ideale
sind im 19. Jh. mit der Musik als der nicht rein künstlerischen, sondern als
der gesellschaftlich konstituierenden Idee eng verbunden. Dies erklärt sehr
treffend Helmut Loos:
Daß die Musik durch Autonomie und Rationalität selbst höchsten
Rang erlangt (nicht Mittel, sondern Zweck), prädestiniert sie eben
so wie ganz praktische Bedingungen ihrer Aufführung als Prozeß
bzw. Zeremonie für eine Erhebung zu religiöser Bedeutung. Sie stieg
zu einer Kunstreligion.21
Von Anfang an hat sich der Galizische Musikverein zu einer Institu-
tion mit einer ausgeprägten aufklärerischen, erzieherischen und didakti-
schen Funktion erklärt. Diese Aufgaben wurden gleich zur Zeit der Grün-
dung des GMV in den Bestimmungen seiner ersten Satzung festgelegt. Der
Verein wurde mit dem Ziel gegründet, die Musikkunst in Galizien und sei-
ner Hauptstadt zu fördern und zu formen, die Musik zu pflegen und insbe-
sondere die Bildung des Musikgeschmacks in der Region zu fördern. Der
Verein erreichte dieses Ziel durch die ständige praktische Aufführung ei-
nes breiten Musikrepertoires - da die Mitglieder des GMV verpflichtet wa-
ren, ihre musikalischen Kenntnisse, Interesse und das Aufführungsniveau
durch die Teilnahme an Proben und Konzerten zu verbessern.
Als Bestätigung der oben genannten Überlegungen könnte man die
aufschlußreichen Worte des Rezensenten der Zeitschrift Leseblätter zitie-
ren, der in der ersten Periode der Tätigkeit die Leistungen des GMV in die-
ser Sphäre so beurteilte:
21 Helmut Loos, E-Musik – Kunstreligion der Moderne (Kassel, Bärenreiter Verlag,
2017), 12–3.
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