Page 40 - Weiss, Jernej, ur. 2019. Vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju - The Role of National Opera Houses in the 20th and 21st Centuries. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 3
P. 40
vloga nacionalnih opernih gledališč v 20. in 21. stoletju
1944 wurden als Begründung dafür „Rundfunkaufgaben“ geltend gemacht,
Danton sollte als Funkoper bearbeitet werden. Wie Orff und Egk war auch
Einem nicht Parteimitglied, was nach dem Krieg zu seiner Entlastung bei-
trug. Egk und Einem unterstützten sich gegenseitig, um ihre Gegnerschaft
zum Regime nach 1945 zu bezeugen.
Es wird häufig argumentiert, dass sich beide, wie auch andere Kom-
ponisten dieser Zeit, nur dem Geistigen zugehörig und dadurch über den
politischen Dingend stehend ansahen. Richard Strauss, Präsident der
Reichmusikkammer, und Schostakowitsch, aber auch Prokofjew sind dies-
bezüglich zu nennen;60 glaubten die Komponisten auch, über dem Regime
zu stehen, waren sie doch Spielbälle der Machthaber.61 Dem ist allerdings
entgegenzuhalten, dass im Besondern Werner Egk betreffende neuere For-
schungen sehr wohl dessen aktive Teilhabe am Nazi-Regime dargelegt
haben.62 Einem betreffend ist allerdings festzustellen, dass eine nachhal-
tige Auseinandersetzung mit dem Thema Schuld und Gerechtigkeit in sei-
nem musiktheatralischen Werk erkennbar ist. Im Besonderen Der Prozess
nach Kafka ist in diesem Lichte zu sehen, wie Reiber hervorhob. Das 1953
in Salzburg uraufgeführte Werk traf den Nerv der Zeit wiederum in beson-
derer Weise. Seit 1952 die 1946 begonnenen Entnazifizierungsverfahren of-
fiziell eingestellt worden waren, legte sich Schweigen über die Vergangen-
heit. Damit wurde festgeschrieben, was mit Ralph Giordano als „zweite
Schuld“ benannt werden kann, wie Reiber hinsichtlich des in den 1980er
Jahren publizierten Bestsellers festhält: „Zur Schuld, das Verbrecherregime
des Nationalsozialismus (mit) ermöglicht zu haben, war die zweite Schuld
gekommen, sich nicht der Verantwortung zu stellen, nichts (mehr) wissen
zu wollen von irgendeiner Schuld.“63 Das Verdrängte wird als Angst spür-
bar, was zur Popularität von Kafka in den Jahren nach 1945 beitrug. Auch
Henzes Rundfunkoper Ein Landarzt von 1951 zeugt davon. Einems Rol-
60 Vgl. Frieder Reininghaus, „Experimente auf der politischen Bühne der Diktatoren
– Richard Strauss, Sergej Prokofjew und Dmitri Schostakowitsch flirten mit der to-
talitären Staatsmacht“, in: Frieder Reininghaus und Katja Scheider, ed., Experimen-
telles Musik und Tanztheater (Laaber: Laaber, 2004), 125–129.
61 Schostakowitsch wurde beispielsweise 1936 wegen Lady Macbeth abgemahnt und
1942 für seine Leningrader Symphonie belobigt.
62 Siehe dazu u.a.: Michael Custodis und Friedrich Geiger, Kontinuitäten im deutschen
Musikleben am Beispiel von Werner Egk, Hilde und Heinrich Strobel (Münster: Wa-
xmann, 2013); Friedrich Geiger, „Werner Egk als Leiter der Fachschaft Komponisten
in der Reichsmusikkammer“, in: Albrecht Riethmüller und Michael Custodis, ed.,
Die Reichsmusikkammer. Kunst im Bann der Nazi-Diktatur (Köln, Weimar, Wien:
Böhlau, 2015), 87–100.
63 Reiber, Gottfried von Einem, 77.
38
1944 wurden als Begründung dafür „Rundfunkaufgaben“ geltend gemacht,
Danton sollte als Funkoper bearbeitet werden. Wie Orff und Egk war auch
Einem nicht Parteimitglied, was nach dem Krieg zu seiner Entlastung bei-
trug. Egk und Einem unterstützten sich gegenseitig, um ihre Gegnerschaft
zum Regime nach 1945 zu bezeugen.
Es wird häufig argumentiert, dass sich beide, wie auch andere Kom-
ponisten dieser Zeit, nur dem Geistigen zugehörig und dadurch über den
politischen Dingend stehend ansahen. Richard Strauss, Präsident der
Reichmusikkammer, und Schostakowitsch, aber auch Prokofjew sind dies-
bezüglich zu nennen;60 glaubten die Komponisten auch, über dem Regime
zu stehen, waren sie doch Spielbälle der Machthaber.61 Dem ist allerdings
entgegenzuhalten, dass im Besondern Werner Egk betreffende neuere For-
schungen sehr wohl dessen aktive Teilhabe am Nazi-Regime dargelegt
haben.62 Einem betreffend ist allerdings festzustellen, dass eine nachhal-
tige Auseinandersetzung mit dem Thema Schuld und Gerechtigkeit in sei-
nem musiktheatralischen Werk erkennbar ist. Im Besonderen Der Prozess
nach Kafka ist in diesem Lichte zu sehen, wie Reiber hervorhob. Das 1953
in Salzburg uraufgeführte Werk traf den Nerv der Zeit wiederum in beson-
derer Weise. Seit 1952 die 1946 begonnenen Entnazifizierungsverfahren of-
fiziell eingestellt worden waren, legte sich Schweigen über die Vergangen-
heit. Damit wurde festgeschrieben, was mit Ralph Giordano als „zweite
Schuld“ benannt werden kann, wie Reiber hinsichtlich des in den 1980er
Jahren publizierten Bestsellers festhält: „Zur Schuld, das Verbrecherregime
des Nationalsozialismus (mit) ermöglicht zu haben, war die zweite Schuld
gekommen, sich nicht der Verantwortung zu stellen, nichts (mehr) wissen
zu wollen von irgendeiner Schuld.“63 Das Verdrängte wird als Angst spür-
bar, was zur Popularität von Kafka in den Jahren nach 1945 beitrug. Auch
Henzes Rundfunkoper Ein Landarzt von 1951 zeugt davon. Einems Rol-
60 Vgl. Frieder Reininghaus, „Experimente auf der politischen Bühne der Diktatoren
– Richard Strauss, Sergej Prokofjew und Dmitri Schostakowitsch flirten mit der to-
talitären Staatsmacht“, in: Frieder Reininghaus und Katja Scheider, ed., Experimen-
telles Musik und Tanztheater (Laaber: Laaber, 2004), 125–129.
61 Schostakowitsch wurde beispielsweise 1936 wegen Lady Macbeth abgemahnt und
1942 für seine Leningrader Symphonie belobigt.
62 Siehe dazu u.a.: Michael Custodis und Friedrich Geiger, Kontinuitäten im deutschen
Musikleben am Beispiel von Werner Egk, Hilde und Heinrich Strobel (Münster: Wa-
xmann, 2013); Friedrich Geiger, „Werner Egk als Leiter der Fachschaft Komponisten
in der Reichsmusikkammer“, in: Albrecht Riethmüller und Michael Custodis, ed.,
Die Reichsmusikkammer. Kunst im Bann der Nazi-Diktatur (Köln, Weimar, Wien:
Böhlau, 2015), 87–100.
63 Reiber, Gottfried von Einem, 77.
38